Text & Grafiken: Prof. Dr. Ulrich Bihler, Mitglied des Advisory Board von CRO.SWISS – Bild: Adobe
Eines ist klar: bei der Unternehmenskommunikation stehen längst nicht nur die Interessen des Unternehmens im Fokus, sondern auch die Interessen der internen und externen Bezugsgruppen. Ziel ist, diese Interessen durch eine effiziente Unternehmenskommunikation zu steuern, um so einen Beitrag zum
Erfolg zu leisten. Dies setzt voraus, dass die Unternehmenskommunikation nicht nur Forderungen von oben nach unten kommuniziert. Sie muss auch Stimmen, Stimmungen und Wahrnehmungen nach dem Bottom-up-Prinzip (vgl. auch Dialogveranstaltungen) in die Kommunikationsstrategie und übergreifende Strategie des Top-Managements einbringen – sei es aus dem weiten externen Umfeld des Unternehmens oder aus den Reihen der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Eine genaue Kenntnis der wesentlichen Stakeholder und ihrer Interessen
sowie Einstellungen ist daher für die Unternehmenskommunikation
unentbehrlich. Denn nur unter dieser Vorrausetzung kann sie den unternehmerischen Handlungsspielraum sichern und so das Wertschöpfungspotenzial der Stakeholder für die Erreichung der Unternehmensziele voll nutzen. Das Modell «Stakeholderkompass» (Abbildung unten, Rolke 2011) identifiziert diese wichtigen Bezugsgruppen eines Unternehmens und deren Ansprüche. Der Kompass gliedert sich in vier zentrale Stakeholdermäkte: den Beschaffungs- und Absatzmarkt (Wertschöpfungsachse) sowie den Finanz- und Akzeptanzmarkt (Wertsicherungsachse).
Durch die strategische kommunikative Einflussnahme auf Stakeholderbeziehungen, -wissen und -einstellungen trägt die Unternehmenskommunikation zum Unternehmenserfolg bei. Sie richtet sich an alle für die Wertschöpfung des Unternehmens mittelbar und unmittelbar wichtigen Bezugsgruppen. Und sie nimmt angesichts der sich verändernden Wettbewerbsbedingungen eine immer wichtigere Rolle ein. Denn Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen werden immer ähnlicher. Stakeholder verlieren angesichts des grossen Angebots den Überblick. Kommunikationserfolg wird damit immer mehr zur bestimmenden Variable des Unternehmenserfolgs. Immaterielle Werte wie das Image und die Reputation werden immer wichtiger für Unternehmen, um sich vom Wettbewerb abzuheben.
Ziel der externen Kommunikation ist deshalb vor allem, den Bezugsgruppen
ein positives Bild des Unternehmens zu vermitteln, Orientierung zu
schaffen und ihre Einstellungen, Meinungen und letztendlich ihr (Kauf-)
Verhalten zu verändern. Die Unternehmenskommunikation kann die externen Bezugsgruppen allerdings nur überzeugen, wenn sie auch deren
Bedürfnisse und Ansprüche kennt. Auf diesem Weg können immaterielle
Werte wie die Reputation langfristig aufgebaut und geschützt werden.
Die interne Kommunikation umfasst alle kommunikativen Prozesse, die
sich zwischen den Mitgliedern in einem Unternehmen abspielen. Damit
hat sie mehrere Ziele beziehungsweise Aufgaben. Eine der wichtigsten
Aufgaben ist die «Informationsfunktion» (Meier 2002: 28). Dies bedeutet
eine schnelle, umfassende und effiziente Information aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die zweite Aufgabe ist die «Dialogfunktion». Dabei geht es um die Förderung des Dialogs und damit um den «sprachlichen Austauschprozess» zwischen den Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. (ebd.). Durch die Informations- und Dialogfunktion wird eine Vernetzung zwischen den Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hergestellt und so eine bessere Koordination und Abstimmung von Arbeitsprozessen gewährleistet.
Weitere Ziele der internen Kommunikation sind die Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit, des Vertrauens und der Glaubwürdigkeit des Unternehmens sowie die Identifikation mit diesem. Dies ist wichtig, um die
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu motivieren und sie langfristig an ein Unternehmen zu binden. Ausserdem kann das Unternehmen sie damit als glaubwürdige Markenbotschafter gewinnen. Letztlich soll die interne Kommunikation damit einen Beitrag zur Erreichung der Geschäftsziele leisten (vgl. Mast 2013: 223 f.).
Als immaterieller Wert trägt die Reputation dazu bei, Unterstützungspotenzial bei den Stakeholdern des Unternehmens zu schaffen. Mithilfe der Reputation schafft sich ein Unternehmen damit die sehr wichtige «Licence to operate», erreicht Akzeptanz in der Gegenwart und ein Polster für potenzielle Risiken und Krisen in der Zukunft. Denn die Reputation stellt die Summe aller persönlich erlebten oder über Stakeholder, Medien oder das Unternehmen vermittelten Erfahrungen dar, die die Stakeholder über lange Zeit mit einem Unternehmen gesammelt haben und weiterhin machen.
Verfügt ein Unternehmen damit bei seinen Bezugsgruppen über ein Konto
mit überwiegend positiven Erfahrungen, also einer hohen Reputation, kann dieses in der Krise als Reservoir fungieren: Die positiven Erfahrungen
und damit das bestehende Vertrauen in das Unternehmen können die
Auswirkungen einer Krise eindämmen. Gerade im Zusammenhang mit
dem Krisenmanagement und insbesondere der Krisenprävention spielt die
Reputation eine wesentliche Rolle – auch für die Unternehmenskommunikation.
«Krisen meistert man am besten, indem man ihnen zuvorkommt.» Der
Wirtschaftswissenschaftler Walt Whitman Rostow bringt es mit seinem
Zitat auf den Punkt: Krisen sind in der Tat am wirkungsvollsten zu managen,
bevor sie überhaupt entstehen. Doch die stark wachsende Zahl von
Unternehmenskrisen über alle Branchen zeigt, dass dieses Prinzip in der
Realität nur bedingt greift – entweder weil Unternehmen nicht den Wert
von Krisenprävention erkennen oder weil sie nicht professionell für plötzlich
einsetzende Krisen aufgestellt sind. Bei Unternehmenskrisen gilt in
immer stärkerem Masse: Sie sind oftmals kommunikative Krisen. Selbstverständlich ist es wichtig, die (nicht kommunikativen) Ursachen einer
Krise zu beheben. Im Voraus, während und nach der Krise eine effektive
Kommunikation zu betreiben, Stakeholder und Betroffene mit Informationen
zu versorgen sowie die Reputation des Unternehmens bestmöglich
zu schützen, sind jedoch genauso relevante Bestandteile des Krisenmanagements. Der renommierte Krisenkommunikationsforscher W.T. Coombs gliedert eine Krise in die Phasen «Precrisis», «Crisis» und «Postcrisis». Die Unternehmenskommunikation kann vor allem in den aktiven Phasen des Krisenmanagements wirken. In der «Precrisis» kann sie Risikopotenziale und Signale sehr gut erkennen. Mit einem in das Reputationsmanagement integrierten Issues Management wird die Aussenwelt des Unternehmens auf riskante Themen effektiv gescannt und beobachtet.
Durch Risk Assessments werden intern Risikopotenziale und
Schwächen identifiziert und beurteilt. Beide Aktivitäten helfen der Unternehmenskommunikation bei der Krisenprävention, indem sie riskante Themen frühzeitig erkennt, sie aufgreift und diese Risikothemen strategisch in die für das Unternehmen bestmögliche Richtung steuert. Zum anderen kann die Unternehmenskommunikation aber auch auf diese Weise für Stakeholder wichtige, positive Themen identifizieren. Diese Themen kann sie zum Aufbau von Reputation nutzen und damit einen Vertrauensvorschuss für potenzielle Krisen schaffen.
Genauso wichtig sind diese Präventions-Massnahmen, um das Unternehmen effektiv auf eine Krise vorzubereiten. Denn ist bekannt, aus welchen Themen Krisen entstehen können, ist es möglich, die bestmöglichen Massnahmen für jedes potentielle Krisenszenario aufzusetzen: So können schon vor dem akuten Krisenfall etwa Handlungsschemata für das Unternehmen und die Unternehmenskommunikation in der Krise oder aber
Kommunikationsregelungen im Sinne der One-Voice-Policy entwickelt
werden.
In der Krise können wichtige Unternehmensvertreter und Unternehmensinnen gezielt für ihre Rollen im Auftritt nach innen und aussen trainiert und sensibilisiert werden.
In der Phase der «Crisis» ist der Handlungsspielraum der Unternehmenskommunikation begrenzt. Es gilt, die Krise als Zustand zu erkennen und Bewältigungsstrategien – die bestmöglich schon in der «Precrisis» entwickelt wurden – umzusetzen. Die Aufgabe der Unternehmenskommunikation ist in dieser Phase deshalb vor allem reaktiv. Ein Krisenstab ist dabei erfolgsentscheidend: Zu ihm gehört die Unternehmenskommunikation als wesentlicher Baustein. Der Krisenstab entwickelt den Notfallplan, bestimmt die konkreten Botschaften, die Tonalität sowie die Massnahmen im Krisenfall. Die Unternehmenskommunikation ihrerseits hat die Aufgabe, die Umstände so gut wie möglich zu steuern, zu beherrschen und zu bewältigen. Informationen müssen verständlich an die Betroffenen sowie an die relevanten Stakeholder vermittelt werden. Die Information der Stakeholder sollte umfassend und zeitnah geschehen.
In der dritten Phase, der «Postcrisis», kann die Unternehmenskommunikation
hingegen wieder sehr aktiv handeln: Der beschädigte Ruf des Unternehmens sowie das verletzte Vertrauen müssen schnellstmöglich wieder
aufgebaut werden; Massnahmen gegen erneute Rückschläge müssen
entwickelt und umgesetzt, Scanning und Monitoring weiter betrieben
werden. Der vergangene Krisenverlauf muss genau analysiert werden,
Stärken und Schwächen der Prozesse in der Krise müssen identifiziert
werden. Erwartungen, Meinungen und Einstellungen der Stakeholder
müssen erneut erhoben sowie die Medien auf weitere riskante Themen
untersucht werden. Der Kreislauf beginnt damit wieder von neuem: mit
der Krisenprävention. Zusammengefasst lässt sich der wesentliche Beitrag
einer Unternehmenskommunikation in den Phasen einer Krise wie in der
untenstehenden Grafik darstellen.
Ist die Unternehmenskommunikation wirklich noch das Heilmittel in der Krise
oder sogar der Schutzwall vor der Krise? Nein, denn es muss unbedingt
berücksichtigt werden, dass Kommunikation auch das Gegenteil bewirken
kann. Insbesondere kann unprofessionelle Unternehmenskommunikation
Krisen auslösen. Denn gerade in einer Welt vernetzter und sozialer
Medien, in der nicht mehr nur Journalisten und Journalistinnen und PR-Experten und Expertinnen sich wahrnehmbar äussern, sind Kommunikationsrisiken viel schwieriger zu managen und nur noch schwer zu verhindern. Ein Fauxpas der Unternehmenskommunikation, der von einem Stakeholder besonders negativ wahrgenommen wird, kann jederzeit in einem massenmedialen Auflauf und damit in einem erheblichen Reputationsverlust enden. Kurz gesagt: Unprofessionelle Unternehmenskommunikation vernichtet heute deutlich mehr Unternehmenswert als früher!
Wird Unternehmenskommunikation professionell betrieben, leistet sie durch den Aufbau und die Pflege der Reputation einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung und dem Erfolg des Unternehmens. Und zu diesem professionellen Reputationsmanagement gehört eine bestmögliche
Krisenprävention und Krisenkommunikation, die den guten Ruf des
Unternehmens auch in schwierigen Zeiten so gut es geht bewahren.
Die Strukturen einer effizienten Krisenprävention und -kommunikation
sind in den bisherigen Ausführungen skizziert worden. Bei einem vertiefenden Blick darauf tritt zum Vorschein, dass vor allem die Kommunikation mit dem Umfeld des Unternehmens im Mittelpunkt steht, kurzum also die externe Unternehmenskommunikation. Der internen Kommunikation werden zwar auch Aufgaben zugewiesen, wie zum Beispiel die Information der Mitarbeiter, insgesamt nimmt sie aber in der Krisenprävention und -kommunikation bisher doch eher eine Statistenrolle ein, als dass sie Hauptdarsteller ist. Warum ist das so?
Unternehmen denken zuallererst an die externen Bezugsgruppen, die so
schnell wie möglich mit alle relevanten Informationen versorgt werden
müssen. Den höchsten Handlungsdruck haben hier alle börsenkotierten
Unternehmen qua gesetzlicher Vorgaben. Dazu spielt vor allem die Angst
der Unternehmen vor einer negativen medialen Berichterstattung eine
entscheidende Rolle, die durch eine schnelle Reaktion beeinflusst werden
soll. Denn öffentlich verbreitete schlechte Nachrichten bedeuten oftmals
einen Reputationsverlust bei den externen Bezugsgruppen wie Journalisten, Politikern oder Geldgebern, was hohe finanzielle Einbussen mit
sich bringen kann.
Die internen Bezugsgruppen – also Führungskräfte und Mitarbeiter – werden hingegen häufig später, teilweise sogar weniger informiert als das Unternehmensumfeld. Das ist heutzutage ein grosser Fehler! Denn ihre Rolle als glaubwürdige Kommunikatoren für das Unternehmen – gerade in der Krise – wird nicht hinreichend genutzt.
Unser Fazit aus der beschriebenen Situation: Vor allem bestehende Stelleninhaber wie der Corporate Communication Officer (CCO) aber auch der Corporate Social Responsibility Manager würden sich hervorragend für die neue Rolle des Chief Reputation Officer (CRO) – als neue Member der C-Suite – eignen. Diese Bestehenden verfügen bereits oft über ein breites Unternehmens Know-how, viel Erfahrung und Weiterbildungen in angrenzenden Dispziplinen. Sie erhalten mit der notwenigen Unterstützung und Neupositionierung die strategisch einmalige Gelegenheit, diese neue, höchst verantwortungsvolle Rolle zu bekleiden. Das entsprechende Unternehmen profitiert wiederum umgehend vom Wirkungsgrad dieses zentralen Sparringpartners. Ein natürliche Win-Win-Situation entsteht. Sprechen Sie darum mit CRO.SWISS über das «Mentoring-Programm» und nutzen Sie so vorhandenes Potential, für eine vorbildliche Reputation.
Rolke, L. (2011): Der Stakeholder-Kompass. In: Paul, Herbert / Wollny, Volrad (Hrsg.): Instrumente des strategischen Managements - Grundlagen und Anwendung. München: Oldenbourg Verlag München, S. 111 – 121
ZerfaІ, A. (2007): Unternehmenskommunikation und Kommunikationsmanagement: Grundlagen, WertschЪpfung, Integration. In: M. Piwinger, A. ZerfaІ (Hrsg.): Handbuch Unternehmenskommunikation. Wiesbaden: Gabler, S. 21-70.
ZerfaІ, A. (1996): Unternehmensführung und Еffentlichkeitsarbeit. Grundlegung einer Theorie der Unternehmenskommunikation und Public Relations. Opladen: Westdeutscher Verlag.
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