Text: Christof Küng & Ignatious Joseph – Bild: Kate Fedorenko – Grafiken: Qualitative Befragung & Auswertung anlässlich des 2. Digitalen RoundTable
Viele genügsame Menschen beobachten wohl mit Staunen, wie noch immer viele Mitmenschen ständig das Schnellste und Billigste suchen. Irgendwann juckt es einen dann und man will auf einen verhängnisvollen Fehler hinweisen:
Denn das wirklich Irreparable im Leben ist das Kaufen eines Preises unter Wert und damit verbunden der resultierende Überdruss. Oder anders gesagt: Was wir ohne jede Anstrengung bekommen, hat keinen Wert!
Die einseitige Preis- und Effizienzbesessenheit verzerrt unser Selbstbild sowie das unserer Mitmenschen. Das Resultat ist eine gefährliche Hektik, die sich, einem alten Begriff gegenüberstellt, gut erklären lässt. Der Begriff «Gentleman» setzt sich aus den englischen Wörtern «gentle» (liebenswürdig, gütig, sanft) und «man» (Mann) zusammen.
Und, liebe Leserin, lieber Leser, verstehen Sie das bitte nicht falsch – die Gleichstellung von Mann und Frau ist keinesfalls infrage zu stellen.
Denn alles, was jetzt folgt, gilt gleichermassen auch für die Lady. Nicht umsonst spricht der Volksmund seit Hunderten von Jahren von «Ladies and Gentlemen».
Noch ein Klischee soll gleich von Beginn aufgeräumt sein: Die Begriffe sagen nichts, aber gar nichts über den Inhalt oder die Dicke einer Brieftasche oder den Schnitt eines Anzugs aus! Die Kombination «Ladies and Gentlemen» zeichnet sich vor allem durch Manieren aus und durch die Bereitschaft, anderen zu helfen.
Was wirklich wichtig ist – und wo die meisten Fehler geschehen – ist das Verhalten. Und das Verhalten, das der Mensch an den Tag legt, hat in den allermeisten Fällen nichts mit Geld zu tun. Vielmehr mit einem gelernten und gelebten Mindset.
Ich wage an dieser Stelle sogar die These, dass ein bewusstes, gutes und faires, empathisches Grundverhalten gegenüber anderen Menschen einen direkten und positiven Einfluss auf einen selbst, also auf die Wahrnehmung von anderen auf Sie, haben wird und damit durchaus eine finanzielle Entwicklung beeinflussen kann. Selbstverständlich gilt dies aber auch umgekehrt.
Sprich: Umgangsformen, die heute leider oft vernachlässigt werden, wären immer noch wichtig. Zum Beispiel ist Pünktlichkeit gerade in der Zeit von Zoom-Calls ein Zeichen von Respekt. Denn wer wartet schon gern auf andere, während sich die Zeitfenster langsam schliessen?
Die Liste könnte noch mit vielen weiteren Punkten erweitert werden. Viele geraten ab und zu in Vergessenheit, obwohl ein respektvoller Umgang gegenüber anderen immer von Vorteil wäre.
Leider scheint aber das Konzept von Manieren und Etikette in der modernen Gesellschaft immer mehr auszusterben. Gerne werden entsprechende Ansichten als altmodisch betrachtet. Die Assoziationen sind «zu steif», «zu konstruiert», «unbeholfen» und, und, und. Dabei ist die Wahrung von Etikette nach wie vor eine der wichtigsten Lektionen. Dabei hilft es, pünktlich, ehrlich, kommunikativ, authentisch, empathisch und tolerant zu sein, nicht nur im Privaten. Gerade im beruflichen Leben sind solch scheinbar ungeschriebene Gesetze wichtig, um voranzukommen.
Trotzdem wird uns an vielen Stellen des täglichen Lebens suggeriert, dass es in Ordnung ist, zuerst an sich selbst zu denken. Es zeigt sich eindrücklich, dass, wenn alles an Geld gemessen wird, irgendwann einseitig gemessen wird.
Hinzu kommt die zum Glück fortschreitende Emanzipation, die leider manchmal aber zum Verfall der Bedeutung von Etikette beiträgt. Denn heutzutage scheint es einigen schwerzufallen, die schmale Grenze zwischen echter Höflichkeit und unpassendem Auftreten nicht zu verfehlen.
Das heisst aber nicht, dass das Konzept schlecht ist, sondern bestätigt lediglich, dass wir darin nicht mehr geübt sind.
Die Grundsubstanzen eines bewährten Lebenskodex bleiben Unmittelbarkeit, Authentizität und Respekt.
Und genau jetzt kommt der Begriff des Chief Reputation Officer ins Spiel. Dabei will er nichts besser können als die vielen Spezialisten, die in der Gewaltentrennung die einzelnen Silos in Perfektion umsetzen müssen.
Die Aufgabe eines CRO ist dafür die gesamtheitliche Sicht über alle Divisionen. Ein CRO hat diesen Blick für das Ganze gelernt, um es schliesslich gelebt seiner Arbeitgeberin und jeder Einzelnen und jedem Einzelnen im Team zur Verfügung zu stellen.
Denn eines muss von Anfang an klar sein: Funktionierendes Reputationsmanagement kann niemals über Autorität gelingen. Starke Divisionen lassen sich nicht beaufsichtigen oder gar kontrollieren. Dafür braucht es eben echte «Ladies and Gentlemen».
Um diese Spannweite zu verstehen, braucht es zuerst einen Perspektivenwechsel: von Review auf Preview!
Nur so kann Reputation vorwärts angewandt und nicht nur rückwärts-
gewandt kontrolliert werden. Reputationsmanagement bekommt damit den Rückhalt, als siloübergreifende Aufgabe angesehen zu werden.
CROs blicken – ohne einer anderen Position zu schaden – nicht mit dem Ofenrohr in immer grössere Stakeholder-Gruppen. Die Bündelung aller
Kompetenzen verfügt nicht nur über eine viel höhere Resilienz, sondern ist einfach auch sehr viel resistenter gegenüber Kräften, die daran ziehen werden.
Genauso werden für den CEO und vor allem den Verwaltungsrat präventiv schwierigere Situationen integriert und weit vor einer eigentlich möglichen Gefahrensituation regis-triert. Vor allem aber werden übergreifend auch ganz neue Chancen proaktiv gesucht und gefunden, koordiniert und implementiert!
Eine gute Reputation wird so zu einer der wirksamsten Differenzierungen einer jeden Organisation. Leitfaden für CROs, Ladies and Gentlemen:
1. Ein CRO lebt Höflichkeit wie Mut und will Unmögliches möglich machen.
2. Ein CRO vertritt die moderne Gesellschaft auf Basis bewährter Werte.
3. Ein CRO bringt Geschäftserfahrung mit und versteht die DNA der Generation Y–Z.
4. Ein CRO transformiert analoge Qualitäten in die Welt der Digitalisierung.
5. Ein CRO orchestriert ein grösseres Bild, bestehend aus individuellen Komponenten, zu einer integrierten Exzellenz.
6. Ein CRO ist für alle ein Vertrauter im Geiste des gemeinsamen Arbeitgebers.
7. Ein CRO verschwendet keine Zeit mit oberflächlichem Marketingflaum.
8. Ein CRO ist transparent und liefert Erfolge als Ausdruck einer integrierten Teamleistung.
9. Ein CRO liefert in jedem Schritt transparente Ergebnisse, da er in der Lage ist, alle Aktionen zu messen!
10. Ein CRO garantiert Erreichbarkeit und damit wirkungsvolles Engagement.
Zum Abschluss eine Prognose: Die Reputationsverantwortliche oder der Reputationsbeauftragte wird schon bald von verschiedensten Stakeholder-Gruppen als eine Muss-Funktion offiziell
gefordert: Ein schöner Start wäre darum, wenn Sie jetzt alles unternehmen und diese Verantwortlichkeit präventiv installieren. Alles andere wäre eine unnötige Verzögerung.
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