Reputation hat sich nach Ansicht von Prof. Dr. Christof Ehrhart mittlerweile als kommunikative Leitwährung in den meisten Unternehmen etabliert. Einer der Hauptgründe: Sie zeige überzeugende Belege für positive Wechselwirkungen zwischen Unternehmensreputation und Unternehmenserfolg auf. Doch der Executive Vice President Communications & Governmental Affairs der Robert Bosch GmbH ist gedanklich schon einen Schritt weiter, wenn er folgenden Widerspruch auf Unternehmenskommunikatoren zukommen sieht: Corporate Communications muss sich in der ökonomischen Postmoderne (Globalisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit) auf neue Herausforderungen immer entschiedener, auch mit Hilfe der sozialen Medien agierender Anspruchsgruppen einstellen. Das methodische Primat des Reputationsmanagements bleibe bisher aber weitgehend unangetastet; postmoderne Strategien der Unternehmenskommunikation fehlen.
Ehrhart wäre nicht Ehrhart, wenn er nicht auch schon eine Lösung für diesen Widerspruch parat hätte: Corporate Communications und Corporate Responsibility (= dezidiertes Nachhaltigkeitsmanagement des Unternehmens) müssen funktional integriert werden. Warum? Nun, weil Kommunikatoren mit dem Ziel des Reputationsaufbaus gezielt Wahrnehmungen beeinflussen wollen, Nachhaltigkeitsmanager den Interessensausgleich mit Anspruchsgruppen auf dem Weg der Interaktion anstreben. Oder wie Ehrhart anders gesagt: Die Unternehmenskommunikation will mediale Signifikanz durch massenmediale Ansprache von Vielen herstellen, das Nachhaltigkeitsmanagement thematische Relevanz im dialogischen Austausch mit Wenigen behandeln.
Empathische Kommunikation zu bzw. mit wichtigen Zielgruppen und empathische Interaktion mit kritischen Stakeholder-Gruppen ergänzen sich nach der Ansicht des Honorarprofessors so gleichsam zur vollen Aktivierung des Reputationspotentials eines Unternehmens: Erforderliche Aufmerksamkeit und angemessene Wesentlichkeit seien dann in Balance. Eine Schlüsselrolle kommt dabei laut Ehrhart den Stakeholder-Befragungen zu, in denen Erwartungen und Anforderungen zu allen Dimensionen verantwortungsvoller Unternehmensführung abgefragt werden. Eine daraus abgeleitete Materialitätsanalyse zeigt nach seinen Worten verlässlich, welche Themen für das Unternehmen wesentlich sind. Materialitätsanalyse und Issues Monitoring seien die Instrumente, mit denen die Erwartungen interner und externer Stakeholder zum Kompass für langfristige strategische Positionierung des Unternehmens werden. Ergebnisse der Materialitätsanalyse und des Issues Monitoring könnten im persönlichen Austausch mit Expertengremien zusätzlich validiert werden, um die aggregierten Erwartungen der Anspruchsgruppen mit der Praxis des unternehmerischen Alltags und dem aktuellen Stand der entsprechenden Diskussionen in Wissenschaft, Politik und Ethik abzugleichen.
Der ROI einer postmodernen Kommunikationsstrategie kann nach den Ausführungen des Bosch-Kommunikationschefs daher nicht mehr allein wie bisher in einseitigen Aggregaten wie Vertrauen, medialer Aufmerksamkeit oder Image gemessen werden. Der Interaktionsaspekt des Austausches mit kritischen Anspruchsgruppen müsse ebenso berücksichtigt werden, wie er sich im fachlichen Dialog, im konkreten Interessensausgleich oder in gemeinsamen Projekten dokumentiert. Seine Zauberformel für erfolgreiches Reputationsmanagement von morgen: Es geht um erreichten Ansehensstatus UND um Beziehungsqualität; es geht um Reputation PLUS Bonding.
Seine Ableitung daraus: Die ursprünglich kommunikative Leitwährung Reputation ist in postmoderner Kommunikationssteuerung also nur noch Bestandteil einer umfassenden Ressource, die im Verhältnis zwischen Unternehmen und seiner Umwelt entsteht und letztlich ein soziales Kapital darstellt. Der Wert dieses Beziehungskapitals: wechselseitige Akzeptanz, Kooperation und Reziprozität.
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