Text & Illustration: Christof Küng, Gründer & CEO von CRO.SWISS – Bild: Adobe Stock
Grosse Krisen gab es in der Geschichte immer mal wieder. Das wird wohl auch in Zukunft nicht zu vermeiden sein. In Krisen liegen ja auch Chancen.
Neu ist aber, dass immer wieder kleine Krisen dazukommen. Dies vor allem aus dem Grund, weil heute auch Gruppen an einer Bewertung teilnehmen, welche gar nicht zu den eigenen typischen Stakeholder-Gruppen gehören. Somit kann heute ein Empörungssturm aus irgendeiner Richtung erfolgen.
Geblieben ist eigentlich nur der Umstand, dass viele Krisen hätten verhindert werden können, weil immer wieder Fehler bekannt sind, aber unterdrückt werden. Daneben gibt es aber auch Krisen, welche das Resultat eines Werteverfalls, Populismus, Ideologien, Fake News, Halbwahrheiten oder Böswilligkeiten sind.
Krisen haben heute auch gemeinsam, dass die meisten noch vor Jahren nie bekannt geworden wären. Doch eine erste Gruppe von Stakeholdern sucht genau diese Art des «Beschwerdemanagements» in der Öffentlichkeit, um damit ihren Frust loszuwerden. Denn in der heutigen «Callout-Kultur» ist es simpel geworden, ein Unternehmen öffentlich zu demütigen oder zu beschämen, um es für ein (vermeintliches) Fehlverhalten zur Verantwortung zu ziehen. Es kostet fast keine Mühe mehr und hat ganz selten Konsequenzen, sich über Produkte oder Dienstleistungen in den sozialen Medien zu beschweren und es augenblicklich auf eine Million Follower zu übertragen.
Eine zweite Gruppe ist die junge Generation Z. «Friday for Future» hat unlängst wieder damit begonnen, alle Verletzungen gegen eine nachhaltigere Welt mit Streiks zu bekämpfen. Zurecht gibt es weitere Gruppierungen gegen Diskriminierung oder gegen unzulässige Waldrodung. Andere würden am liebsten das Fleischessen und wiederum andere das 5G-Mobilfunk-Netz verbieten. In diesen Gruppen reicht ein falsches Statement - und es droht ein Shitstorm und gleich Boykott! Nur ein etablierter Ruf kann jetzt noch dazu beitragen, die Kundentreue auch während einer Attacke aufrecht zu halten.
Was in kleinen Teilen der Gesellschaft begann, schwappte rasend schnell auf die dritte Gruppe über. Denn da gibt es noch die Gewinner der Globalisierung. Die Informierten. Oder anders ausgedrückt, die Leute ohne «Druck». Öfters gehören dieser Gruppe Menschen aus einer begünstigten Schicht an, welche bewusst eine gewisse Verantwortung übernehmen wollen. Ihre Kaufentscheidungen beruhen darum zunehmend auf Überzeugungen, Goodwill und Haltungen, nicht mehr nur auf Fakten. Reichte in dieser Gruppe für den Erfolg noch bis vor kurzem ein gutes Produkt, wird heute ein in allen Punkten korrektes Verhalten erwartet.
Im Spannungsfeld dieser drei Gruppen kann schon ein kleines – oft anonymes – Gerücht zu einer handfesten und kostenintensiven Katastrophe werden. Das trifft Regierungen gleichermassen wie KMU oder Grosskonzerne. Die Frage lautet also nicht ob, sondern wie und wann der neue Aktivismus Ihr Unternehmen treffen könnte. Organisationen sind darum gut beraten, generell sorgfältiger zu handeln und wenn immer möglich präventiv Stellung beziehen.
Als Deloitte 2014 mit dem Global Survey on Reputation Risk über 300 Führungskräfte befragte, stellte man fest, dass 87% der Befragten das Reputationsrisiko für wichtiger halten als andere strategische Risiken. Die Umfrage ergab auch, dass 88% der Unternehmen aktiv nach Mitarbeitern suchten, die sich dem Reputationsmanagement widmen. Unabhängig von der Branche sind Reputationsrisiken ein entscheidender Bestandteil der Beurteilung der Gesundheit und Vitalität eines Unternehmens.
Das Vertrauen von Lieferanten, Partnern und Kunden sowie das Ansehen eines Unternehmens, einer Organisation oder auch einer natürlichen Person sind essentiell für den langfristigen Erfolg und damit für den Fortbestand verantwortlich. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, rückt aber leider und oft erst dann so richtig in den Vordergrund, wenn der gute Ruf durch interne oder auch externe Ereignisse leidet. Schwankungen in das Vertrauen wirken sich also unverzüglich auf den Erfolg und die Ertragskraft aus.
Dimension Personality: Schlechte Produkte und Services
Dimension Behaviour: Schlechte Unternehmenskultur
Dimension Design: Schlechtes Design
Dimension Communication: Schlechte Kommunikation
Übrigens: Was können Unternehmen und Organisationen lancieren wenn sie wider Erwarten in die öffentliche Kritik geraten? Grundvoraussetzung sind das Wissen, wo der toxische Faktor ist, Durchhaltevermögen, Geduld und Entschlossenheit, für die Reputation objektiv, seriös und ruhig zu arbeiten:
Der Ruf des Begriffes «Reputation» ist schlechter als es das Thema eigentlich verspricht! Die meisten Unternehmen, auch Ihre Konkurrenten, denken leider in der Regel erst beim Beginn einer Krise darüber nach. Spätestens dann reagieren aber alle und versuchen verzweifelt, einen Schaden möglichst klein und kostengünstig zu halten. Dabei handelt es sich aber immer um eine Vergangenheitsbewältigung. Denn der eigentliche Schaden ist schon da. Und genau hier liegt der grosse Denkfehler respektive die grosse, versteckte Chance.
Reputation darf nicht weiter rückwärtsorientiert als Risikomanagement, Krisenkommunikation oder Schadensminimierungs-Instrument gemanagt werden. Reputation muss als vorwärtsorientierte Chance verstanden sein. Eine gute Reputation kann zum grössten Differenzierungsmerkmal der Zukunft werden. Denn wenn sich offensichtlich immer mehr Erfolgstreiber erschweren und die Faktenlage transparent und vergleichbar wird; wem würden Sie künftig vertrauen? Sprich, für was entscheiden Sie sich, wenn alles scheinbar gleich ist? Richtig! Sie entscheiden sich für Werte wie Bekanntheit, Identifikation und Vertrauenswürdigkeit. Der gute Ruf wird damit zum alles entscheidenden Gut!
Zudem spielen heute neben finanziellen Möglichkeiten immer mehr emotionale Aspekte eine wichtige Rolle bei der Identifikation mit einem Unternehmen. Der Markt sieht nicht mehr nur ein Produkt oder eine Dienstleistung allein, der Markt hat einen Blick für das Ganze entwickelt und bildet sich heute eine differenziertere Meinung als je zuvor. Es kommt sogar noch schlimmer: Die virtuelle und digitalisierte Welt bringt neben den unbestrittenen Vorteilen einer Informationsgesellschaft vor allem auch eine komplette Vergleichbarkeit. Der scheinbare Vorteil wird zu einer gnadenlosen Konkurrenzsitutation mit vollkommener Vergleichbarkeit. Für Unternehmen und ihre Konzeptionen wächst jetzt die Notwendigkeit, Vertrauen und Verständnis bei den Mitarbeitenden und der zunehmend kritischen Öffentlichkeit zu gewinnen.
Es ist also Zeit für einen Perspektivenwechsel. Denn eine gute Reputation macht erlebbar stark, schafft einen agilen Schutzwall und gibt das, was Organisationen ewig suchen: Added Value!
Ohne Mehrwert entscheidet immer weiter nur der Preis oder der Termin. Und ganz nebenbei, ein Unternehmen, das künftig keinen Mehrwert generiert, also zum Beispiel Werte, die über den reinen Shareholder Value hinaus gehen, riskiert nicht nur seinen Ruf, sondern verpasst sowieso viele Chancen.
Wer erst einmal erkennt, dass das sogenannte «intagible Asset» in Tat und Wahrheit auf vielen harten und klar messbaren Fakten basiert, wird seine Reputation künftig präventiv pflegen. Schon bald wird sich niemand mehr erlauben können, auf den eigentlichen Mehrwert eines guten Rufes zu verzichten. Im Minimum müssen sich die Verantwortlichen darum bemühen, proaktiv einen positiven Ruf aufzubauen und aufrechtzuerhalten, so dass im Falle einer Krise bereits Vertrauen in die Organisation aufgebaut ist.
Nur ein effektives und proaktives Reputationsmanagement erkennt mögliche Reputationsrisiken frühzeitig und reagiert angemessen. Hierfür müssen Organisationen und Unternehmen entsprechende Prozesse installieren, die dafür geeignet sind, um etwaige Reputationsrisiken dank einer RMD Indicator ScoreCard oder einem RMD Indicator ControlPanel frühzeitig zu erkennen.
Bevor Sie jedoch ein System zur Erkennung von Reputationsrisiken installieren, müssen Sie zunächst eine Risikoinventur der aktuellen Risiken vornehmen. Welche Faktoren – sogenannte Reputationstreiber – beeinflussen das Risiko am stärksten? Reputationstreiber sind branchen- und unternehmensspezifisch und sind unterschiedlich in ihrer Aussendarstellung und -wahrnehmung. Um die Reputationstreiber zu bestimmen, können verschiedene Methoden angewendet werden. CRO.SWISS hilft unabhängig mit der Expertise aus über 25 Jahren Erfahrung im Installieren von Methoden und Modellen.
Zum Ende dieses Artikels drängt sich die wichtige Frage auf: An welcher Stelle in der Organisationshierarchie sollte sich die Kompetenz befinden, deren Aufgabe es ist, eine starke und gesunde Reputation des Unternehmens tatsächlich zu gewährleisten?
Sollte im Vorstand, im Verwaltungsrat oder im C-Level niemand eine CRO-Rolle übernehmen können, sollte diese Position wenigstens auf Zeit geschaffen werden. Wenn dies nicht bereits der Fall ist, sollten Organisationen im absoluten Minimum monatliche Meetings abhalten.
Genau darum wird sich die Position des Chief Reputation Officer entwickeln. Eine Rolle mit direkter Verbindung zum Vorstand und der Befugnis, Richtlinien und Programme zu implementieren und durchzusetzen, die ein kontinuierliches, strategisches Reputationsmangement sicherstellen. Diese funktionsübergreifende Rolle wäre eigentlich die Rolle des CEO, jedoch hat der in den meisten Fällen gar nicht mehr die Kapazität, sich dieser zusätzlichen Funktion anzunehmen.
Das Aufkommen der Funktion des «Chief Reputation Officer» (CRO) zeigt eindrücklich die Wichtigkeit von Reputationsmanagement auf. Viele plädieren dafür, dass diesem Management von neuen Risiken die gleiche Priorität eingeräumt wird wie dem Finanz- oder Compliance-Risiko. Genau darum sollte der CRO auch dem CEO oder direkt dem Verwaltungsrat Bericht erstatten und unbedingt Mitglied des Führungsteams einer Organisation sein. Es gibt nur eine andere Alternative als diese Stelle in der C-Suite einzuplanen: Der CEO selbst übernimmt diese Funktion! Jedoch muss man wissen: Nicht alle CEOs wissen oder wollen das, um nicht zu sagen, sind nicht in der Lage, diese Lücke zu schliessen.
Wenn nicht der Chief Risk Officer oder ein Chief Reputation Officer einer Organisation für Reputationsrisiken verantwortlich ist, besteht schnell die Tendenz, dass Risiken abgeschwächt werden. Mit anderen Worten: Die Verantwortlichen steuern ihre eigenenen Risiken - sei es Compliance, finanzielle, operative oder andere Risiken - unkoordiniert in das Gesamtbild der Reputationsrisiken mit ein.
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